Jürgen hatte eine unangenehm hohe, angestrengte Kehlkopfstimme, die bei dem ein oder anderen seiner Zuhörer bereits Gänsehaut hervorgerufen hatte. Heute war der Tag, an dem ihm das wieder einmal auffiel, er stand gerade an der Theke eines Cafés und blickte in das leicht verzerrte Gesicht des ungeduldigen Barmanns, der darauf wartete, Jürgens komplexe Bestellung endlich zu verstehen. Jürgen wollte einen Latte Macchiato trinken. Da er aber laktoseintolerant war, wie er auch gleich seinem Gegenüber – anschaulich durch eine kurze Auflistung seiner Beschwerden – mitteilte, sollte dieser mit Sojamilch gemacht werden. Um die Bitterkeit des Kaffees geschmacklich etwas zu brechen, bat er außerdem darum, einen Löffel Kakao beizufügen und da er aber auch oft nervös wurde – wie ihm jetzt wiederum einfiel – wäre ihm eigentlich koffeinfreies Kaffeepulver lieber. Außerdem mochte er es nicht zu heiß, denn er bekam sonst Schweißausbrüche und Jucken. Vielleicht könne man ja auch noch einen Schluck von dem Haselnusssirup hineintun. Der Barista nickte und stellte ihm zwei Minuten später mit gequältem Gesichtsausdruck das Getränk auf die Theke. Während Jürgen versuchte seinen Geldbeutel aus der Hosentasche seiner viel zu engen Jeans, die auf der Rückseite von seinem üppigen Gesäß verschlungen wurde und überall, auch an den Schenkeln prall saß, zu ziehen, rutschte er ab und stieß mit dem Ellenbogen den koffeinfreien, kabaartigen, lauwarmen Soja-Latte Macchiato mit Haselnussgeschmack um.