Eine Bekannte erzählte mir folgende Geschichte: Sie habe letztes Jahr Geld gebraucht und als Kassiererin in einem Bioladen angefangen. Nach zwei Monaten habe der Filialleiter sie um ein Mitarbeitergespräch gebeten. Er fragte sie mehrere Male, wie denn ihre Einschätzung zu der neuen Tätigkeit sei und legte die Frage erst beiseite, als sie irgendwann antwortete „Ich könnte vielleicht noch etwas schneller werden“. Genau, das sei der Knackpunkt, gab er nun zu. Die anderen müssten ihr langsames Tempo auffangen und dadurch mehr arbeiten. Dies führe zur allgemeinen Unzufriedenheit – das müsse ihr endlich mal jemand sagen. Sie erwiderte: „Ja, in Ordnung, ich habe noch nie als Kassiererin gearbeitet, also sag mir das doch einfach.“ Von da an arbeitete sie doppelt so schnell, zog die Waren doppelt so schnell über die Kasse und fertigte die Kunden effizienter ab.
Nach einem Monat folgte ein weiteres Mitarbeitergespräch, da diese für die Mitarbeiter einen hohen pädagogischen Wert haben sollen. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter auch in Sachen Kritik Eigeninitiative zeigen und von sich aus feststellen können, wo ihre Mängel liegen. Erneut wurde sie nach ihrer Einschätzung gefragt und dieses Mal antwortete sie völlig selbstbewusst: „Also beim letzten Gespräch wurde ja das Arbeitstempo angesprochen, das habe ich geändert. Ich arbeite jetzt ungefähr doppelt so schnell. Das ist objektiv messbar und ich denke somit, dass ich den Anforderungen gerecht werde.“
Da reagierte der Filialleiter zögerlich: „Jaaa … hm.“, sagte er, „Es ist richtig, dass du schneller arbeitest, das ist objektiv tatsächlich nachvollziehbar. Nur … hm … ich bin mir nicht sicher, ob du es einfach nur tust, um eine äußere Norm zu erfüllen, oder ob du es auch wirklich verinnerlicht hast.“